Quelle: RNZ
Redakteur: apo
Veröffentlicht am 19.07.2016
Auf dem „Liebesbuckel“ gab es einst Scharmützel, Stelldicheins und Hiebe – Alle zwei Jahre spielt hier nun wieder die Musik
Eppingen (apo) Der Berg ruft und bekommt mit Pauken und Trompeten ein ganzes Wochenende mal so richtig den Marsch geblasen. Beim zweiten Pfaffenbergfest der Eppinger Stadtkapelle ging es bei schönstem Sommerwetter hoch her. Rund 400 Gäste und acht Gastvereine waren der Einladung gefolgt, sangen, musizierten und feierten bis weit in die Nacht.
Das Pfaffenbergfest hat eine lange Tradition – bereits 1979 rief der Gesangsverein die Veranstaltung ins Leben – war aber fast ein Jahrzehnt ausgesetzt worden. Hier habe es damals nach dem Gottesdienst immer einen ganz besonderen Eintopf gegeben, erinnert sich der erste Vorsitzende der Stadtkapelle Hans-Günter Rau. Nachdem die Mitglieder des Vereins das Fest wegen des personellen Aufwands ab 2005 nicht mehr schultern konnten, ruhte der Berg im musikalischen Sinne. „Die Bevölkerung hat den Wunsch, dass wir das Fest wieder aufleben lassen, an uns herangetragen“, erzählt der 69-jährige. Immer im Juli findet es nun an den geraden Jahren wieder statt.
Für die Mitglieder der Stadtkapelle eine Herkulesaufgabe, denn eine Infrastruktur im Sinne von Wasser oder Strom gibt es auf dem Berg nicht. Fünf Monate hat das sechsköpfige Projektteam die beiden Veranstaltungstage geplant. Alle Mitglieder sind am vergangenen Samstag im Einsatz, brutzeln rund 350 Würste und Schnitzel, grillen 300 Hähnchen, frittieren 100 kg Pommes, richten Wurstsalat und gebackenen Camembert an. Dazu gurgeln 600 Liter Bier, Wein und etliche alkoholfreie Getränke die Kehlen der Gäste hinunter. Und die schunkeln, klatschen und trampeln, singen zum Auftakt inbrünstig das Badnerlied und genießen die Geselligkeit an den langen Biertischen, die bald bis auf den letzten Platz belegt sind. Wer zu spät kommt, dem bleibt immerhin ein lauschiger Wiesenplatz mit untermalendem Grillenzirpen.
Auf der Bühne geben die 13 Orchester alles – die Musik dröhnt bis weit hinunter ins Wohngebiet. Von klassischer Volksmusik über schwungvolle Unterhaltungsmusik bis hin zu Pop und Rock schwingen sich die Klänge bis hoch in die Baumwipfel und hüllen den Berg in ein vielschichtiges Klangspektakel.
Es gibt kaum ein lauschigeres Plätzchen in der Fachwerkstadt, das solch eine wechselvolle Geschichte erlebt hat, wie der künstlich aufgeschüttete Berg im Norden der Stadt. Im 17. Jahrhundert diente er als Teil der Eppinger Linien als Schanze gegen französische Angriffe, erklärt Jürgen Kobold. Zeitlich näher dran ist das Freilufttheater bei der Eppinger Woche. Heimatfreundevorsitzender Reinhard Ihle weiß, dass hier Laien und Schauspieler aus Karlsruhe „Wallensteins Lager“ von Friedrich Schiller aufführten. Heute trohnt auf dem Pfaffenberg ein Wasserhochbehälter, von dem die Leitungen zu verschiedenen Brunnen in der Stadt führen.
Wenig dokumentiert, aber glaubhaft überliefert sind die zwischenmenschlichen Aktivitäten auf dem Berg, der in der Bevölkerung auch „Liebesbuckel“ hieß. Im Schutz der hohen Bäume traf man sich hier zum geheimen Stelldichein. Derartige Erlebnisse hat Oberbürgermeister Klaus Holaschke nicht vorzuweisen: „Das war vor meiner Zeit“, schmunzelt er, und auch Reinhard Ihle muss passen. Seine Erinnerungen gehen in eine ganz andere Richtung: Rivalisierende Banden sollen auf dem Pfaffenberg ihr Unwesen getrieben und bei den Kindern Angst und Schrecken verbreitet haben. „Statt Liebe gab es Hiebe“ erklärt er lachend.
Dagegen war das Musikfest selbst für die, die der Blasmusik gewöhnlich nicht allzu viel abgewinnen können, ein fröhliches Fest, bei dem alles zusammenpasste: eine milde Sommernacht und stimmungsvolle Musik unter weitgehend klarem Sternenhimmel, gutes Essen, jede Menge Bier und ganz viel Gemütlichkeit.